Der Spitzelstaat oder: Es steht mehr in der Zeitung als man meint...

Im Folgenden werden wir einen besonderen Aspekt des Spitzelstaates betrachten. Wie aus den Berichten in Presse und Rundfunk Anfang 2002 wieder einmal deutlich wurde, sind insbesondere nationale Kreise in Deutschland ganz besonderer Bespitzelung und Einflussnahme durch den Staat unterworfen. Immer wieder werden Unschuldige zum Ziel von Gewalt der Geheimdienstspitzel. Interessant ist, daß sogar die Opfer des 3. Reichs heute wieder von Mitarbeitern des Staates terrorisiert werden. Dazu findet sich in der Zeitung Junge Welt am 13.2.2002 folgender Beitrag:

Klage gegen Bundesrepublik
Opfer des Neonaziüberfalls auf Gedenkfeier im KZ Kemna fordern Aufklärung über beteiligte V-Männer
Die Opfer des brutalen Überfalls von Neonazis auf eine Gedenkveranstaltung in der KZ-Gedenkstätte Kemna bei Wuppertal haben sich am Dienstag mit einem Schreiben an das Bundesverfassungsgericht, an die Mitglieder der parlamentarischen Kontrollgremien im Bundestag und in den Landtagen und an den Innenausschuß des Bundestages gewandt. Hintergrund: Unter den im NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung als Zeugen genannten, nachträglich in der Presse jedoch als V-Leute des Verfassungsschutzes benannten Mitglieder der Partei waren auch zwei maßgeblich am Überfall beteiligte und dafür verurteilte Neonazis.
Während der erwähnten Gedenkveranstaltung hatten am 9. Juli 2000 am Mahnmahl der Gedenkstätte des KZ Kemna etwa 15 zum Teil vermummte Täter die Teilnehmer angegriffen, sie mit Steinen beworfen und mit Stöcken auf sie eingeschlagen. Unter den Opfern war eine Frau mit einem kleinen Kind und hochbetagte Verfolgte des Naziregimes. Als Täter konnten später Neonazis aus Duisburg, Schwelm und Wuppertal gefasst werden. Zehn der Täter waren zum Tatzeitpunkt Mitglieder der NPD bzw. von deren Jugendorganisation JN. Das Landgericht Wuppertal verurteilte Thorsten Crämer, Bundesschulungsleiter der JN und Beisitzer im Landesvorstand der NPD Nordrhein-Westfalen, am 10. Januar 2001 als »Rädelsführer« des Überfalls zu einer Haftstrafe von zwei Monaten. Auch der stellvertretende Vorsitzende des JN-Landesverbandes NRW, Nico Wedding, gehörte zu den verurteilten Tätern.
Im NPD-Verbotsverfahren gilt die Tatbeteiligung von zehn NPD-Mitgliedern an dem Überfall als wichtiger Nachweis für die erhebliche Gewalttätigkeit der Partei.

Anmerkung: Da kommt der Verdacht auf, daß der Staat durch den Einsatz von gewalttätigen Provokateuren Beweise für die Verfassungsfeindlichkeit unerwünschter Organisationen zu bekommen versucht. Man schafft, wie es in offiziösen Veröffentlichungen heißt ein fait accompli, also vollendete Tatsachen:

Die beiden Kemna-Angreifer Thorsten Crämer und Nico Wedding werden jedoch unter anderem von dem CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach als V-Leute benannt. Die Bundesregierung warf Bosbach daraufhin »Geheimnisverrat« vor.

Nur als Erinnerung: Der Herr Bosbach kann keinen Geheimnisverrat begangen haben, denn der Verrat illegaler Staatsgeheimnisse ist keine Straftat. Es handelt sich hier also um eine böswillige Unterstellung, vermutlich mit dem Ziel den Abgeordneten des deutschen Bundestages Bosbach zum Schweigen zu bringen.
Aber folgen wir dem Beitrag der Jungen Welt:

In dem Schreiben der Interessengemeinschaft Kemna-Überfall heißt es unter anderem: »Wenn der Einsatz von V-Leuten in der NPD soweit geht, daß unter ( maßgeblicher ) Mitwirkung der V-Leute auch brutale Überfälle auf Verfolgte des Naziregimes durchgeführt werden, werden wir diese V-Leute und ihre Auftraggeber in den Landes- und Bundesämtern für Verfassungsschutz auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagen«.
Stephan Stracke, einer der Betroffenen des Überfalls, betonte am Dienstag gegenüber jW, obwohl die Opfer bereits vor zwei Wochen während einer Pressekonferenz an Landesregierung und Bundesinnenministerium entsprechende Fragen zur möglichen Arbeit der maßgeblichen Täter als V-Männer gerichtet hatten, habe es bis heute keine eindeutige Antwort darauf gegeben.

Natürlich gibt es ohne entsprechenden Druck keinerlei Kommentar zu Geheimdienstaktionen. Denn die Auftraggeber "wissen von nichts..." Für dieses "wissen von nichts..." gibt es sogar einen Fachbegriff: Plausible denial, also plausibles Abstreiten. Worin die Plausibilität des Abstreitens liegt, wenn der entsprechende Vorgang von vielen Quellen bestätigt wird und die Medien darüber berichten, ist eines der größten Geheimnisse dieses Staates.

Aber die Opfer des Überfalls auf die Gedenkfeier versuchen wenigstens den Staat zur Rechenschaft ziehen zu lassen:

Daher werde die Interessengemeinschaft am heutigen Mittwoch die Schadenersatzklage gegen die Bundesrepublik Deutschland und die zuständigen Bundesländer beim Amtsgericht Köln einreichen, so Stracke. Wenn die Klage zugelassen werde, seien Bundesregierung und zuständige Länder gezwungen nachzuweisen, ob die Täter von Kemna auf den Gehaltslisten des VS gestanden haben oder nicht.

Aber auch die nationale Szene wehrt sich gegen den Einsatz von Provokateuren. Dazu findet sich am 25.2.2002 ebenfalls in der Jungen Welt:

Pack schlägt sich
Verfassungsschutz zeigt Kölner Neofaschisten wegen Verleumdung an
Das Bundesamt für Verfassungsschutz ( BfV ) hat am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Köln Strafanzeige gegen Manfred Rouhs erstattet. Der Neofaschist hatte den Inlandsgeheimdienst bezichtigt, einen Naziüberfall auf Antifaschisten an einer KZ-Gedenkstätte arrangiert zu haben. Via die von ihm herausgegebene Zeitschrift Signal hatte Rouhs die NPD-Funktionäre Thorsten Crämer und Nico Wedding als »Mitarbeiter der Behörde« bezeichnet und sich dabei auf Aussagen des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, berufen. Der Ennepetaler Crämer hatte im Juli 2000 gemeinsam mit Kameraden eine Gruppe von Antifaschisten an der Wuppertaler KZ-Gedenkstätte Kemna attackiert. Rouhs geht davon aus, daß der Verfassungsschutz bei dem Übergriff die Finger im Spiel gehabt hat. Für die Behörde ist das eine Lüge und »ehrverletzend«.

So ist das also. "Die" rufen nach der Justiz... Und bezichtigen ihre Opfer, aber auch den Abgeordneten des Bundestags Bosbach von dem die Information ja stammt, als Lügner. Dabei ist doch eines der wichtigsten, wenn nicht überhaupt das wichtigste nachrichtendienstliche Mittel die Lüge! Rätselhaft bleibt auch, wie man die Ehre von Spitzeln und deren Auftraggebern verletzen kann. Aber folgen wir dem Zeitungsartikel.

Rouhs äußerte den Vorwurf im Zusammenhang mit Aufrufen der »Bürgerbewegung Pro Köln«. Die Gruppe »grundgesetztreuer Bürger« fordert die »sofortige Auflösung« des »sogenannten Verfassungsschutzes« und will am 9. März unter dem Motto »Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit« vor dem BfV aufmarschieren.
Der Kölner Rouhs - ehemaliger Ratsherr der Republikaner, und neben der Verlegertätigkeit auch Betreiber eines Versandhandels für rechte Musik und Literatur - hatte sich am 22. Januar direkt nach den ersten Agenturmeldungen zum vorläufigen Aussetzen des NPD-Verbotsverfahrens geäußert. Das »Pro Köln« Vorstandsmitglied schrieb in der Signal-Onlineausgabe, das BfV habe in den 50er Jahren »selbst eine politische Partei auf neonazistischen Kurs gebracht, die dann vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde: die Sozialistische Reichspartei ( SRP)«.

Sicherlich war die Sozialistische Reichspartei nicht die einzige Partei, die von den "Diensten" im Auftrag des Staates unterwandert und manipuliert worden ist. Und nicht nur das: Man setzt sich, wie man in Geheimdienstkreisen sagt, "an die Spitze der Bewegung". Denn von dort führt es sich ja am leichtesten. In diesem Zusammenhang: Adolf Hitler ist vom Reichswehrgeheimdienst in die NSDAP eingeschleust worden.

Weiter heißt es in der Jungen Welt:

Anfang Februar rief dann die "Bürgerbewegung Pro Köln" zu einer Demonstration gegen das BfV auf. "Freie Kameradschaften" schlossen sich dem Aufruf an und fordern das Verbot des BfV als "kriminelle Vereinigung". Das Aktionsbüro Norddeutschland des Neonazis Christian Worch schrieb, die Behörde "diffamiert und kriminalisiert" mittels V-Männern "kritische Bürgerpotentiale und oppositionelle Bewegungen".

Wir wollen einmal sehen, wie sich ein Geheimdienst in einer solchen Situation zur Wehr setzt. Nach dieser Demonstration fand sich in der Tageszeitung Die Welt folgende Notiz:

Rechtsextremismus
44 Festnahmen bei Krawallen in Köln
Die Welt, 11.3. 2002
Bei Zusammenstößen von Rechtsextremisten und Gegendemonstranten sind am Wochenende in Köln insgesamt 44 Menschen festgenommen worden. Gegen 37 Demonstranten aus dem linken Lager wurde Anzeige erstattet. Sie hatten die knapp 50 Angehörigen der rechtsextremen "Bürgerbewegung pro Köln" mit Steinen und Flaschen beworfen und sich den Polizisten widersetzt, so die Polizei.

Interessant ist, daß Teile der linken Opposition einer staatlichen Organisation zur Hilfe kommt, obwohl doch gerade die Linke ganz besonders unter politischer Verfolgung zu leiden hatte. Und auch heute noch unterliegen linke Kreise einer massiven Bespitzelung und Bearbeitung. Man sollte meinen, daß von denen niemand dem Geheimdienst zur Hilfe kommt. Und dafür auch noch Schläge von der Staatsgewalt, vertreten durch die Polizei, riskiert.

In diesem Zusammenhang interessiert natürlich, was über den Einsatz von Spitzeln veröffentlicht ist Auch dazu findet sich, zeitnah zum Spitzelskandal, wieder einmal ein interessanter Beitrag in der Zeitung Die Welt.

Verfassungsschutz: V-Mann-Straftaten sollen offenbar toleriert werden
Die Welt, 11.2.2002
Frankfurt/Main - Beim Einsatz von V-Leuten ist der deutsche Verfassungsschutz offenbar dazu bereit, auch eine Verstrickung der von ihm geführten und bezahlten "Quellen" in Straftaten zu akzeptieren. Dies geht aus einem internen Vorschlagspapier der Amtsleiterkonferenz der Verfassungsschutzbehörden an die Innenministerkonferenz ( IMK ) hervor. Es handelt sich dabei um den rechtsstaatlich brisantesten Aspekt eines umfangreichen Maßnahmepakets, das die obersten Verfassungsschützer nach dem Terroranschlag auf die Vereinigten Staaten von Amerika der politischen Führung zur Verbesserung der Bekämpfung des islamistischen Extremismus empfohlen haben.
Die Überlegungen der Staatsschützer: Eine "Infiltrierung" militanter islamistischer Gruppierungen mit "menschlichen Quellen" könnte dazu führen, dass V-Leute in stärkerem Umfang als bisher Kenntnis von Straftaten anderer erhalten oder "selbst in Tathandlungen eingebunden werden". Zur Aufklärung gefährlicher konspirativer Tätergruppierungen werde dies "in Kauf genommen werden müssen, um solche Strukturen effizient aufklären zu können", ließen es die deutschen Spitzengeheimdienstler wörtlich im Protokoll festhalten.

Der Geheimdienstler an sich spricht vom gläsernen Ausländer. Da bleibt dann ja wohl nicht mehr viel zu bespitzeln. Der Freibrief der Spitzel für die Begehung von Straftaten dient ja wohl in erster Linie dazu das Spitzelnetz zu finanzieren und die "Gesellschaftlichen Mitarbeiter" erpressbar zu machen. Interessant ist auch, wie jetzt "die Ausländer" unter Generalverdacht gestellt werden, obwohl sie einer ganz besonders strikten Überwachung unterliegen.

Es blieb der Ebene der Fachreferenten vorbehalten, darauf hinzuweisen, dass es bei den von den Behördenleitern offenbar für tolerabel gehaltenen kriminellen Aktivitäten von "freien Mitarbeitern" des demokratischen Rechtsstaates eine Grenze geben müsse.

Der Aufstand der Anständigen in der staatlichen Bürokratie? Immerhin halten nicht alle Beamten die von Oben gewünschten kriminellen und verbrecherischen Taten für akzeptabel.

"Wo hier die Grenze für V-Leute liegt, und wie ihnen hinreichender Schutz zuteil werden kann, wird zu klären sein. Rechtsstaatlich wäre es am besten, wenn dies gesetzlich geregelt würde." Jedoch könnten sich gerade daraus Risiken für V-Leute ergeben. Im Übrigen, so schwante es den Beamten, eigne sich dieser Punkt nicht für eine nähere offene Erörterung.

Nein, die Machenschaften des Staates stehen nicht zur Diskussion. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder Beamte sich vor hergelaufenen Bürgern rechtfertigen muß. Das würde ja das Fundament des Staates erschüttern.

Der Verfassungsschutz-Arbeitskreis IV der Innenministerkonferenz hat jedoch die an ihn gerichteten entsprechenden Vorschläge der Amtsleiterkonferenz des deutschen Verfassungsschutzes "als geeignete Grundlage für das weitere Vorgehen zustimmend zur Kenntnis genommen". Daher dürfte es eine öffentliche und ausführliche Erörterung wohl geben.
Die Einblicke in die vom Verfassungsschutz vorgenommene Bewertung krimineller Aktivitäten ihrer Zuarbeiter dürfte freilich auch für die aktuelle V-Mann-Debatte im NPD-Verbots-Verfahren Konsequenzen unvermeidlich machen. So stellt sich nämlich im Lichte der neuen Erkenntnisse über die V-Mann-Praxis nicht mehr nur die Frage nach der politischen Verantwortung für eine mögliche Verletzung von Behördenvorschriften bei der Führung von V-Leuten, die in zentralen Vorstandspositionen "Zielsetzung und Tätigkeit" der NPD entscheidend mitbestimmt haben. Inzwischen muß außerdem geprüft werden, ob und in welchem Umfang die bisher bekannten, bei der NPD platzierten und bezahlten "Quellen" des Verfassungsschutzes in Straftaten verstrickt waren oder selbst aktiv und möglicherweise sogar mit Billigung des Verfassungsschutzes Straftaten begangen haben.

Das schreit nach brutalstmöglicher Aufklärung. Schade nur, daß die Geheimdienste nicht der Kontrolle durch Parlament, Presse oder Justiz unterliegen. Denn nach ihrem Selbstverständnis muß es einen staatlichen Kernbereich geben, der jeder Kontrolle oder gar Öffentlichkeit entzogen ist. Und dieser Kernbereich dehnt sich bis in die Wohnzimmer und Schlafzimmer der Leute aus. Also keine Kontrolle durch, sondern Kontrolle der Öffentlichkeit. Oder wissen Sie, wo sich die nächstgelegene Dienststelle oder konspirative Wohnung von Verfassungsschutz oder BND befindet? Die liegt meist näher, als man denkt...
Daß die rechte Szene massiv unterwandert worden ist, und zwar interessanterweise mit dem Nachwuchs der Polizei, ist auch berichtet worden:

Polizisten schrieben NPD-Reden
Verdeckt ermittelnde Beamte fürchten um Enttarnung - Zahl der V-Männer steigt auf zehn
Die Welt, 16.2.2002
Berlin - Im Skandal um das NPD-Verbots-Verfahren geraten jetzt erstmals auch ermittelnde Polizeibeamte ins Zwielicht. Sie sollen Reden verfasst haben, die in den Verbotsanträgen beanstandet werden. In dem Zusammenhang übt der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg, Dieter Berberich, scharfe Kritik am Vorgehen des Verfassungsschutzes. "In vielen Bundesländern ist die NPD in den letzten Jahren massiv und gezielt mit jungen Beamten aus der Bereitschaftspolizei unterwandert worden", sagte Berberich der Welt. Er habe zahlreiche Hinweise von Polizisten bekommen, die Angst haben, jetzt im Rahmen des NPD-Verfahrens enttarnt zu werden. Die Beamten arbeiteten entweder als verdeckte Ermittler oder waren für ihren Einsatz kurzzeitig beurlaubt.

In einer solchen Umgebung wird man wohl nur dann akzeptiert, wenn man die entsprechenden Sprüche von sich gibt und sich der Gruppe anpasst. Wir wollen doch hoffen, daß die jungen Polizisten nicht tatsächlich rechtsradikal sind. Das würde dann aber wiederum zu der Frage führen, ob diese Polizisten Lügner sind.

In einem bis heute unbeantworteten Brief hat die Gewerkschaft Innenminister Otto Schily vor zehn Tagen gebeten, die Anträge zu überarbeiten und so die Beamten zu schützen. Zudem wurde bekannt, dass insgesamt zehn V-Leute Material für die Verbotsanträge und das Verfahren geliefert haben. Die Innenministerien von Niedersachsen und Bayern haben mitgeteilt, dass Zitate eines zum damaligen Zeitpunkt noch aktiven Verbindungsmannes des Verfassungsschutzes genutzt wurden. Darüber hinaus seien Zitate von drei weiteren, nicht aktiven V-Leuten verwendet worden.

Die Formulierung nicht aktiver Verbindungsmann kann ja wohl nicht erst gemeint sein. Aus einem Geheimdienst steigt man nicht aus. Jedenfalls nicht in Deutschland.

Aus dem Schreiben geht hervor, dass die Namen der Verfassungsschutzinformanten den Karlsruher Richtern bis dahin nicht mitgeteilt worden waren. Das bayerische Innenministerium teilte mit, dass im Antrag des Bundesrats insgesamt 100 Personen zitiert werden.
Die Bundesregierung kündigte an, trotz der weiteren bekannt gewordenen V-Mann-Fälle unverändert an den NPD-Verbots-Anträgen festzuhalten. Die NPD-Verbots-Anträge für das Bundesverfassungsgericht ( BVerfG ) seien nach wie vor gut begründet. Das Innenministerium kritisierte die Länder, die wenige Tage nach einer umfangreichen Stellungnahme zu den V-Leuten in den Verbotsanträgen noch einmal einen Schriftsatz beim Bundesverfassungsgericht nachreichen mussten.

Und zum Schluss noch ein weiterer Bericht aus der Zeitung Die Welt vom 4.3.2002 Beim lesen sollten die oben angeführten Zeitungsartikel berücksichtigt werden.

Systematische Schändung von NS-Gedenkstätten im Norden
Belohnung soll zu Tätern von Wöbbelin führen
(...) Die Täter hatten in Wöbbelin ( bei Ludwigslust ) ein großflächiges Sandsteinrelief beschädigt. Einzelne Szenen, die KZ-Häftlinge während der Todesmärsche zeigen, wurden herausgeschlagen und ein riesiges Hakenkreuz in roter Leuchtfarbe auf das Steinbild gesprüht. Auf einer Säule mit einer Feuerschale fand sich ein weiteres gesprühtes Hakenkreuz samt den Worten "Jud" und "Lüge". In die Schale wurde ein abgetrennter Schweinekopf gelegt. (...)
Zeitgleich mit dem Anschlag in Wöbbelin wurden in der Nacht zum Montag voriger Woche die Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus in Raben-Steinfeld bei Schwerin und der jüdische Friedhof in Boizenburg geschändet. Auch hier ließen die Täter Schweineköpfe zurück. Die Polizei hat für Hinweise auf die Täter eine Belohnung von 1000 Euro ausgesetzt. Doch auch eine Woche nach den Anschlägen gibt es offenbar keine heiße Spur. (...)

Eine abgesprochene Aktion. An drei verschiedenen Orten. Zur gleichen Zeit. Mit der gleichen Vorgehensweise. Eine zeitaufwendige Aktion. Eine Aktion unter Beteiligung vieler. Da bleiben Fragen...

Geheimdienste abwickeln
Hans-Christian Ströbele 26.10.2000
Zum 50. Jahrestag des Bundesamtes für Verfassungsschutz
(...) In den neunziger Jahren wurden V-Leute angeworben, die wegen rassistischer Gewalttaten bis hin zum versuchten Mord vorbestraft sind. Solche Leute haben dann militante Aktionen propagiert und angeleitet unter dem Motto: "Wir müssen uns bewaffnen !" und den "Kampfbund Nord" oder die Gruppen der "Nationalistischen Front" gegründet. V-Leute haben sich selbst an der Verbreitung der "Ausschwitzlüge" beteiligt oder am Werfen eines Schweinekopfes in eine Synagoge. (...)

Und was sagen die Auftraggeber dazu?

Aus: Der Verfassungsschutz: Organisation, Spitzel, Skandale, von Claus Nordbruch, Tübingen, 1999
(S.42f) Der ehemalige niedersächsische Innenminister und Landesvorsitzende der CDU Wilfried Hasselmann (...) war nämlich der Auffassung, daß Verfassungsschützer sehr wohl Straftaten begehen können, ohne sich strafbar zu machen, da ihre Rechtsbrüche vom Gesetz gedeckt seien. Hierunter zähle ausdrücklich die Einschleusung von V – Leuten in verbotene Organisationen, in denen die Mitgliedschaft strafbar ist. Dem Spiegel zufolge gehören zu den von Hasselmann sanktionierten Ordnungsvergehen und Straftaten Friedens-, Hoch-, und Landesverrat, Sabotage, Wahlfälschung, Bildung bewaffneter Haufen und krimineller Vereinigungen, Amtsanmaßung, Geld und Urkundenfälschung und einige mehr.

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