Die Bearbeitung von Zielpersonen

Das Ziel nachrichtendienstlicher Bearbeitung ist die aus Sicht der Geheimdienste oppositionellen Einflüsse von Personen zu unterbinden. Oppositionell sind Einflüsse, die der ungehinderten Machtausübung des Staates oder seiner Mitarbeiter und Spitzel im Wege stehen. Welche Einflüsse das sind und wer zur Bearbeitung freigegeben wird, entscheidet der zuständige Beamte des jeweiligen Geheimdienstes.

Über die Mentalität dieser Geheimhalter heißt es in "Geheim" von Wolfram Kowalesky, Köln 1987 auf Seite 92: "Er ist ständig mit den Problemen und Ritualen der sekundären (und tertiären usw.) Geheimhaltung beschäftigt. Dadurch lassen seine Kreativität, sein Einfallsreichtum und seine Beweglichkeit immer mehr nach. Es ist erschütternd festzustellen, welches Ausmaß an stereotypen Schwachsinn, also an deutlichem Intelligenzabbau sich bei Menschen entwickelt, die beruflich längere Zeit mit Geheimhaltung und Beobachtung anderer Menschen zu tun haben. Die Blickwinkel dieser geheimen "Profis" verengt sich außerordentlich(...)."

Zielpersonen werden unter Überwachung gestellt, die Ergebnisse werden benutzt um Einfluß auf das Leben der Betroffenen zu nehmen. Die Bundesregierung vermeldet, die Speicherung von Daten bei Verfassungsschutzämtern könne "auch dann einschneidende Folgen für den Lebensweg (...) haben, wenn die Betroffenen (...) nicht mehr auffällig werden" (in "Die Welt" vom 8.12.2001, "Koalition lehnt Verschärfung von Sicherheitspaket ab").

Was auffällig ist, entscheiden die "Sicherheitsbeamten", welche Maßnahmen ergriffen werden sagen sie frei heraus:
"Heribert Hellenbroich schließt in die Intelligence Community inzwischen auch die Kameraden der Stasi ein. Die ostdeutsche nachrichtendienstliche Tätigkeit habe sich von der westdeutschen, rein professionell betrachtet, doch überhaupt nicht unterschieden: "Was haben wir, der BND, denn anders gemacht?""(in: Krieg der Gaukler: Das Versagen der deutschen Geheimdienste, Hans Halter, Göttingen 1993, S.156f)

Es wird versucht, durch verdecktes Vorgehen die Überzeugungen und Einstellungen von Personen zu verändern und gleichzeitig ihren Wirkungskreis zu verringern. Dazu bedarf es eines Planes der Zersetzung, für den heutzutage ein ganzer Stab von sogenannten Sicherheitsleuten zuständig ist. Dieser soll bei Zielpersonen zur Zerstörung ihrer Persönlichkeit führen. Dabei wird besonderer Wert auf das Erreichen von Teilzielen gelegt. Ständige Überwachung und Auswertung der Reaktionen auf nachrichtendienstliche Maßnahmen bilden die Grundlage für die weitere Bearbeitung. Die Grenze zwischen verdecktem und offenem Terror ist fließend, da dieselben Maßnahmen angewendet werden, nur in unterschiedlicher Intensität. Phasen starker Bearbeitung wechseln mit ruhigeren Phasen ab in der die Opfer sich dann vormachen können, das was geschehen ist, sei nur Zufall gewesen.

Es wird versucht, systematisch das Selbstvertrauen zu untergraben.
Einzelne Verhaltensweisen oder Merkmale der Zielperson werden herausgepickt und Unsicherheit verstärkt oder erzeugt. Das können körperliche Merkmale wie Größe, Gewicht, bestimmte Bewegungen und Ausdrucksweisen sein. Beliebt ist auch die Thematisierung von intimen Details, die durch die umfassende akustische und visuelle Überwachung des privaten Bereichs bekannt sind.

Die Zielperson wird von verschiedenen Seiten auf vermeintliche persönliche Defizite hingewiesen und kommt zu der Annahme, dass da ja, wenn viele verschiedene Leute es sagen, was dran sein muß. Tatsächlich sind es aber Spitzel, die sie im Auftrag darauf hinweisen und die Reaktion registrieren. Zeigt die Verunsicherung in einem Punkt Erfolg, wird sie in diesem verstärkt.

Eine besondere Bedeutung kommt hier den Rollenspielen zu. Eine Gruppe von Spitzeln thematisiert dabei mehrere Details die auf die Zielperson passen und redet in Hörweite darüber. Es werden die Personalpronomen gewechselt, "ich" anstatt "du" oder "wir" anstatt "ihr" benutzt und dann eine Geschichte erzählt. In solchen Geschichten können ganze Passagen von kurz zuvor abgehörten Gesprächen wortwörtlich wiedergegeben werden oder Erlebnisse des Opfers werden genauestens nacherzählt. Das kann in der Öffentlichkeit, in der Schule, bei der Arbeit, im Verein oder bei "Freunden" stattfinden. Wie deutlich diese Rollenspiele ausfallen hängt davon ab, was man erreichen will. Möchte man eine Verunsicherung erzielen ist man weniger deutlich, eine meistens negative Wertung wird an die nacherzählten Verhaltensweisen angehängt. Das Opfer soll sich erkennen, peinlich berührt sein und sehen, wie schlecht seine Handlungsweise doch angeblich ist.

Aber auch von einzelnen Spitzeln werden gezielt persönliche Details und Themengebiete, die das Opfer besonders beschäftigen, im Gespräch erwähnt. In der Anfangsphase der Bearbeitung reagiert die Zielperson, indem sie gesprächig wird und sich mit dem Spitzel, der diese Technik als eine Form des Aushorchens sieht, angeregt unterhält. Tatsächlich aber soll die Zielperson dadurch terrorisiert werden, denn dieses Vorgehen wird mit der Zeit immer weiter gesteigert, die Zielperson kann nicht verstehen, wieso plötzlich viele Leute "so komisch reden".

Oder es wird das, was man einer Person im persönlichen Gespräch gesagt hat, mitgeschnitten. Die Inhalte des Gesprächs werden von Spitzeln wiedergegeben und in Umlauf gesetzt. Durch solche Maßnahmen wird Misstrauen gesät, Freundschaften und Beziehungen werden zerstört. Wer glaubt schon, dass er überwacht wird, das kann ja schon deshalb nicht sein weil man sich nie etwas hat zuschulden kommen lassen. Also kann es sich nur um einen Vertrauensbruch handeln.

Auch am Arbeitsplatz findet politische Verfolgung mit solchen Methoden statt. Die Betroffenen trauen sich nicht den Sachverhalt offen darzulegen. Wer würde ihnen schon glauben, wenn sie z.B. erzählen, dass sie jeden Tag durch Rollenspiele vorgekaut bekommen was sie ihrem Ehepartner nachts ins Ohr flüstern. Die Spitzel wissen die Hintergründe dessen, was sie erzählen in der Regel nicht, sie geben nur das wieder was man ihnen sagt, würden jeden Vorwurf weit von sich weisen und die Gelegenheit nutzen, das Opfer ins lächerliche zu ziehen. Früher oder später wird man dem Druck schon nicht mehr standhalten und freiwillig gehen. Tut man das nicht und ignoriert alle Maßnahmen, wird sabotiert, gestohlen, der Verdacht auf das Opfer gelenkt oder es kommt jemand vom "Staatsschutz" um mit dem Chef ein streng vertrauliches Informationsgespräch zu führen. Sobald es irgendwie machbar ist, wird die Kündigung auf dem Tisch liegen.

Systematisch werden Personen isoliert. Es werden Differenzen in ihrem Umfeld geschaffen und verstärkt, um sie aus dem Bekanntenkreis herauszubrechen. Der Kontakt zu Personen wird gezielt unterbunden. So geschieht es den Opfern regelmäßig, dass neue Bekannte, mit denen sie sich gut verstehen, plötzlich ohne Grund feindselig sind und den Kontakt abbrechen. Es werden konsequent Lügen verbreitet.

Die im Folgenden aufgeführten offensiven Maßnahmen sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem was gemacht wird. Bei ihrer zerstörerischen Arbeit sind dem Einfallsreichtum von Geheimdienstlern keine Grenzen gesetzt.

Schikane Fortwährende schlechte Behandlung insbesondere durch Mitarbeiter aller Arten von Behörden, Justiz, Polizei und Ordnungskräfte. Zielpersonen werden bei jeder Gelegenheit belogen, es werden Informationen vorenthalten, sie werden in die Irre geführt, ohne Grund schikaniert. Es kann zu fortgesetzten Schikanen durch Polizei und Ordnungskräfte kommen. Aber auch das jahrelange ausbleiben von solchen kommt vor. In so einem Fall will man Zielpersonen in falscher Sicherheit wiegen und sie in kriminelle Machenschaften verwickeln. Aber nicht in jeder Polizeiuniform steckt auch ein Polizist, es findet eine Mischung aus Amtsanmaßung der Geheimdienstler und Amtshilfe der Polizei statt.

Einbruch Dabei werden Gegenstände verlegt oder gestohlen. Es kommt vor, dass sie beim nächsten Einbruch wieder zurückgelegt werden (auch die Stasi hat so etwas gemacht, z.B. hat man bei einer Zielperson zuerst die einfarbigen Handtücher mitgehen lassen, beim nächsten mal nur die bunte Bettwäsche. Nachzulesen in "Zersetzung der Seele-Psychologie und Psychiatrie im Dienste der Stasi", Klaus Behnke, Jürgen Fuchs, Hamburg 1995, Seite 33.)
Es werden Veränderungen vorgenommen, z.B. stehen vorher abgeschlossene Türen offen, Möbel wurden bewegt, Einstellungen am PC geändert usw. Ziel ist es Streit, Misstrauen und Verwirrung unter den Bewohnern zu schaffen. Oder das Auto ist, wenn man vom Einkaufen zurückkehrt, nicht mehr abgeschlossen. Und zwar regelmäßig. Man kann sich dann darüber ärgern wie vergesslich man doch ist.

Sabotage Fahrzeuge, Geräte und Gegenstände aller Art werden beschädigt oder sabotiert. Besonders elektronische Geräte (Fernseher, Videorekorder, Handy, Peripheriegeräte) sind Ziel von Angriffen. Durch die Anwendung elektromagnetischer Strahlung es möglich, auf größere Entfernung Schaden anzurichten (siehe The future battlefield: a blast of gigawatts?). Es kostet Geld und Nerven, wenn ein technisches Gerät nach dem anderen zerstört wird.

Gewalt Regelmäßiges anpöbeln in der Öffentlichkeit und Provokation von Schlägereien. Will die Zielperson sich nicht gegen übelste Beleidigungen wehren, wird einfach zugeschlagen. Das geht soweit, dass Opfern im Vorbeigehen von Fremden volle Bierflaschen auf den Kopf geschlagen werden. Die Kriminellen in der Gesellschaft dürfen für den Staat arbeiten und ihren gewalttätigen Neigungen nachgeben um Druck auf Zielpersonen auszuüben. Frauen werden sexuell genötigt und auch vergewaltigt. Besonderes Merkmal dieses Vorgehens ist das Nichttätigwerden und die Vertuschung seitens der Behörden. Anzeigen werden nicht aufgenommen oder nicht bearbeitet. Kommt es zum Gerichtsverfahren werden die Täter, wenn überhaupt, überaus milde bestraft. Die Opfer werden lächerlich gemacht, besonders Opfer sexueller Gewalt eingeschüchtert.

Diebstahl Spitzel bekommen die Gelegenheit, Zielpersonen zu bestehlen. Das ist einer der vielen Vorteile die man im "System" hat. Man kann sich auf Kosten anderer bereichern. Aber in der Welt der Geheimdienste ist nichts umsonst. Der Spitzel wird dadurch erpressbar gemacht.
Es werden Diebstähle begangen oder vorgetäuscht. Der Verdacht wird auf die Zielperson, sehr oft sogar auf Unbeteiligte oder andere Zielpersonen gelenkt, sodaß Streit provoziert wird.

Post, Telefon Datenverkehr Briefe lässt man verschwinden. Die mit vertraulichem Inhalt kommen zerknüllt und halb aufgerissen an. Telefonische Gespräche werden gestört (Geräusche werden eingespielt, es macht einfach "klick" in der Leitung, Funktelefonverbindungen werden unterbrochen). Übrigens ist es für niemanden mehr feststellbar ob man abgehört wird, denn seit der Erfindung des Verstärkers zu Anfang des letzten Jahrhunderts wird die Telefonleitung mit sehr großen Widerständen angezapft.
Telefonterror wird ausgeübt, auch wird angerufen und am anderen Ende meldet sich niemand, aber es wird auch nicht aufgelegt. E-mails erreichen regelmäßig ihre Empfänger nicht. In den Post- und Datenverkehr wird mit Fälschungen eingegriffen, Nachrichten werden abgefangen und beantwortet ohne den Empfänger erreicht zu haben. Telefongespräche von Zielpersonen werden umgeleitet und von Mitarbeitern der Geheimdienste entgegengenommen. Oder Anrufer werden umgeleitet und meinen mit der Zielperson geredet zu haben. Solche Eingriffe finden jedoch in der Regel nur statt, wenn es sich um einen einmaligen Kontakt zwischen der Zielperson und Fremden handelt und keine Gefahr besteht, dass die Manipulation auffliegt. Oder man sorgt durch die Manipulation dafür, dass es bei diesem einmaligen vermeintlichen Kontakt belassen wird.

offene Überwachung Zielpersonen werden bis in jede Nische des privaten Lebens überwacht. Sie bemerken die Überwachung aber nur wenn sie offen wird, sie die Überwachung also bemerken sollen um damit terrorisiert zu werden. Der Umgebung darf dieser Terror nicht auffallen, nur der Zielperson. Also benutzt man auch dazu Rollenspiele und lässt besonders private Details der Überwachungsergebnisse ständig gegenüber den Opfern durchblicken. Oder man lässt die Spitzel bestimmte Mätzchen genauestens einstudieren, die sie dann bei jeder Gelegenheit den Opfern vorführen. Mätzchen als wichtiges Nachrichtendienstliches Mittel. Das allein zeigt mit wem man es zu tun hat und wie dieser Staat geführt wird. Da es eine Weile dauert bis solche Mätzchen auffallen, beschleunigt man den Vorgang indem man die Opfer gezielt nachäffen lässt. Das fällt eher auf. Allerdings nur den Opfern, da sie nur dann in die Zange genommen werden wenn sie alleine sind. Bei der offenen Überwachung bedient man sich oft gängiger Klischees. "Gefährlich" aussende Personen laufen und fahren den Opfern hinterher, haben den berühmten Knopf im Ohr, filmen und fotografieren sie offen etc.. Man versucht den Verdacht gezielt von deutschen Geheimdiensten weg und auf ausländische zu lenken, meistens auf den CIA, aber auch FSB (KGB) oder sonstige. Sogar auf den Mossad.

Drohungen Versucht eine Zielperson über die erlittenen Maßnahmen zu reden, wird ihr sofort mit Morddrohungen begegnet. Solche Drohungen werden im Gespräch mit Spitzeln mehr oder weniger offen ausgesprochen ( "was wäre wenn du vor der Haustüre erschossen würdest", "hast du keine Angst im Wald aufgehangen gefunden zu werden", "auch junge Leute haben heutzutage schon Schlaganfälle" "du guckst so traurig, du wirst doch keinen Selbstmord begehen wollen?" usw.). Meistens wird indirekt gedroht. Fremde machen in der Öffentlichkeit demonstrativ Kehledurchschneiden-Gesten mit dem Finger oder ähnliches. Auch Kranken- und Leichenwagen werden benutzt.

Aus: Im Schatten des Rechts: Methoden einer neuen Geheim-Polizei, Rolf Gössner, Uwe Herzog, Köln 1984
"Peter Klingebiel, 34jähriger V-Mann der Polizei, hatte am 29. Februar 1980 vor zwei Staatsanwälten gegen korrupte Polizisten ausgesagt. Danach wurde er vor seiner Haustür von Unbekannten zusammengeschlagen, später wurde auf ihn geschossen. Am 31. März 1980 fiel er auf dem Hamburger U-Bahnhof Borgweg vor einen Zug. Obwohl er lediglich leicht verletzt wurde, starb er. Im Obduktionsbericht - der übrigens nie veröffentlicht wurde - heißt es, daß die Verletzungen - Hautabschürfungen und Blutergüsse - "den Tod nicht erklären". Wenige Tage vor diesem Ereignis hatten Unbekannte Peter Klingebiel einen Leichenwagen vors Haus geschickt, um seine "Leiche abholen zu lassen" - eine eindeutige Warnung."

Läßt man sich nicht zum Schweigen bringen wird damit gedroht, der Familie der Zielperson zu schaden. Maßnahmen gegen Familienmitglieder, auch Gewalttaten, werden der Zielperson angekündigt und durchgeführt. Druck wird auf die Familie ausgeübt, Polizeiwagen fahren ihnen viele Kilometer hinterher usw.

Abstreiten Zielpersonen werden durch viele verschiedene Aktionen in ihrem Leben extrem beeinträchtigt. Die "Einheit der Staatsgewalt", also alle staatlichen Einrichtungen und Behörden, hält still bzw. vertuscht. Opfer werden diskreditiert und lächerlich gemacht. Es wird ständig behauptet, sie hätten ja keine Beweise. Obwohl einem großen Teil der Bevölkerung inzwischen klar ist, dass dieser Staat sich eine terroristische Geheimpolizei hält. Gerade das Nichttätigwerden, Abstreiten und Vertuschen des Staates ist aber der Hinweis auf aktive Maßnahmen eines Inlandsgeheimdienstes. Da man es in der Regel schafft, die Opfer zum Schweigen zu bringen, ist der Öffentlichkeit wenig über die aktiven Maßnahmen bekannt. Unbeteiligten werden Lügen über die Opfer erzählt und Spitzel streiten ab. Die Argumentationslinie der die Zielpersonen gegenüberstehen ist:
Das alles ergibt doch keinen Sinn
Warum sollte man dich bearbeiten, du hast doch niemandem was getan
Warum sollte man dich überwachen, so wichtig bist du nicht
Selbst wenn du bearbeitet wirst, übertreibst du mit dem was du erzählst
Das kann nicht sein dass du bearbeitet wirst, aber von so was lässt man besser die Finger sonst passiert einem noch was

Findet offener Terror statt, wird ein ungeheurer Aufwand getrieben um die Opfer schnellstmöglich zum Schweigen zu bringen, ins Ausland zu vertreiben oder endgültig auszuschalten. Dieser Aufwand ist mit militärischen Einsätzen vergleichbar. Der Apparat möchte lieber kurzzeitig großen Aufwand treiben als langfristig der Gefahr ausgesetzt sein, dass Informationen über die Arbeitsweise von Geheimdiensten an die Öffentlichkeit dringen.
Aber wer sich zum Schweigen bringen lässt, lebt äußerst gefährlich. Hat man nur wenigen Leuten das Erlebte erzählt ist praktisch niemand da der wüßte, wer für endgültige Maßnahmen gegen die Zielpersonen verantwortlich ist, geschweige denn bereit wäre sein Wissen öffentlich zu machen. Und selbst wenn es öffentlich gemacht wird, ist auf den Staat, der die nachrichtendienstlichen Maßnahmen ja durchführt, selbstverständlich kein Verlaß. Der folgende Fall eines eher unbekannten Oppositionellen aus der DDR, Domaschk, der Anfang der 90er Jahre vor einem Erfurter Gericht verhandelt wurde, verdeutlicht das.

Aus: Die DDR-Recht und Justiz als politisches Instrument, Heiner Timmermann, Berlin 2000
S.148:"(...)Domaschk(...) soll, (...)durch Selbstmord in MfS-Untersuchungshaft umgekommen sein, was seine Witwe bis heute energisch bestreitet. Die Staatsanwaltschaft hatte seinerzeit das Verfahren u.a. mit der Begründung eingestellt, es sei unwahrscheinlich, dass Domaschk ein Opfer der MfS-Vernehmer geworden sei, weil er innerhalb der Oppositionsszene Jenas eine eher untergeordnete Rolle gespielt habe und so die staatlichen Stellen kein "begründetes Interesse" an seiner Tötung gehabt haben könnten."

Und dort wurde "nur" ein Fall aus DDR-Zeiten verhandelt, bei gesamtdeutschen Fällen würde ein Verfahren von vornherein verhindert werden. Es bleibt für Zielpersonen also nur die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass sehr viele Leute der Ansicht sind, dass der Staat ein Interesse daran hätte sie zu beseitigen. Und das tut man, in dem man Informationen über die Maßnahmen der Geheimdienste trotz ständigem Terror und Gewalt verbreitet.

Gelegentlich werden auch finanzielle Angebote gemacht. Aber Vorsicht: Mitarbeiter eines Geheimdienstes kann man noch am leichtesten aus dem Weg räumen. Denn wer würde schon ein "begründetes Interesse" darin sehen, dass der Staat seine eigenen Mitarbeiter beseitigt?

Auch wer sich ins Ausland vertreiben lässt, hat keine Garantie dafür, dass man von ihm abläßt. Das geheimdienstliche Motto "Wir kriegen sie alle" steht dem ebenso entgegen wie die Aussage eines Mitarbeiters eines ausländischen Geheimdienstes: "Auch wenn Geheimdienste befreundeter Länder nicht immer einer Meinung sind, so hilft man sich doch". Was man wohl so übersetzen muß: Wenn Deutsche im Ausland bearbeitet werden, sieht der örtliche Apparat weg. Vielleicht wegen der vielen Gelder, die der deutsche Staat im Ausland verteilt. Dazu eine Aussage einer ausländischen Geheimdienstlerin: " Es ist immer das Geld". Hinzu kommt, dass Zielpersonen im Ausland durch die neue Umgebung einer noch größeren Isolation unterliegen als im Inland. Deshalb ist die Versuchung, Zielpersonen im Ausland etwas zustoßen zu lassen oder sie zu bearbeiten, für Geheimdienste groß, sie meinen in so einem Fall jede Verantwortung für ein Tätigwerden abstreiten zu können.

Dazu lesen wir in "Las sombras del poder: Los Servivios Secretos de Carrero a Roldán", Francisco Medina, Madrid 1995:
(S.167) "Die deutschen Geheimdienste waren seit langer Zeit in fast allen südamerikanischen Staaten tätig, einerseits um die großen wirtschaftlichen Interessen Deutschlands in dieser Region zu schützen, aber auch um ein Auge auf die großen Gruppen Deutscher oder Personen deutscher Abstammung zu haben, die es in vielen lateinamerikanischen Staaten gibt. Diese Interessen ergänzten sich gut mit den spanischen, was zu einer vorteilhaften Zusammenarbeit führte."

Bleibe im Land und wehre dich täglich.

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