Single auditory unit responses to weak, pulsed microwave radiation Lebovitz, Robert M.; Seaman, Ronald L. In: Brain Research, 126, pp370-375, Amsterdam 1977

Die Reaktion einzelner Nerven des Gehörs auf schwache, gepulste Mikrowellenstrahlung

Katzen wurden zur Aufzeichnung der Aktivitäten im Zentrum des eighth nerve ( Anmerkung des Übersetzers: wohl ein beim Hören beteiligter Nerv) vorbereitet. Mit 1-2 m NaCl gefüllte Glasmikropipetten mit einer Impedanz im Bereich zwischen 5 und 20 Megaohm wurden verwendet um Aktivitäten einzelner Neuronen außerhalb der Zelle aufzuzeichnen. (...) Es wurden akustische Klicks verwendet. (...) Die Länge der akustischen Pulse konnte zwischen 20 und 200 Mikrosekunden eingestellt werden. (...)

Mikrowellen einer pulsmodulierten Quelle der Frequenz 915 MHz wurde über einen Wellenleiter, der in einer Entfernung von 2 - 5 cm auf den seitlichen hinteren Teil des Katzenkopfes gerichtet war, gestrahlt. Die Länge der Mikrowellenpulse konnte zwischen 25 und 300 Mikrosekunden eingestellt werden. Die Pulswiederholrate war nicht größer als 10 pro Sekunde und die durchschnittlich aufgenommene Energiemenge überstieg nie 1 Milliwatt pro Gramm, wie durch kalorimetrische Messungen festgestellt wurde. (...)

Die Reaktion eines Neurons auf einen akustischen Klick wurde zuerst durch ein poststimulus time histogramm ( PSTH ) ( Anmerkung des Übersetzers: also durch die Aufzeichnung der elektrischen Reaktion des Nerven auf den akustischen Reiz ) mit mindestens 500 Pulsen ( bei 10 Pulsen pro Sekunde ) bewertet. Für auf diese Weise bestätigte am Hören beteiligte Neuronen wurde ebenso ein zweites PSTH während einer Folge von Pulsen der Mikrowellenstrahlung aufgezeichnet. Wenn dieses Neuron des Gehörs ebenfalls auf Mikrowellenstrahlung reagierte führten wir solange weitere Versuche zur Bestimmung der Reaktionsstärke bei verschieden starken akustischen und Mikrowellenreizen durch, wie das Neuron stabile Reaktionen zeigte. Bei Versuchen an 7 Katzen wurden ungefähr 100 am Hören beteiligte Neuronen untersucht. 32 von diesen Neuronen reagierten auf akustische Klicks und Mikrowellenpulse. Die Zeit zwischen dem Mikrowellenpuls und der ausgelösten Reaktion lag im Bereich von 2-5 Mikrosekunden, stimmte also mit dem durch Mikrowellen ausgelösten Potential überein, wenn ein solches beobachtet werden konnte. (...) Die Amplitude der gemessenen Reaktion ( das Maximum der relativen Entladungswahrscheinlichkeit ) hing von der Pulsenergie der Mikrowellenstrahlung ab.

Allerdings zeigten die Mikrowellen PSTHs jedes einzelnen Neurons qualitativ immer die gleiche Intervallverteilung für Mikrowellenpulsstärken im Bereich zwischen der unteren Grenze der Empfindlichkeit und 40 Mikrojoule pro Gramm, was ein Hinweis auf eine relativ schwache Beeinflussung ist. (...)

Da die PSTHs von Mikrowellenpulsen und akustischen Reizungen der einzelnen Nerveneinheit in ihrer Größe miteinander verglichen werden konnten, war es möglich, ein ungefähres "akustisches Äquivalent" für die Mikrowellenpulse festzulegen. In der für Mikrowellenstrahlung empfindlichsten der bisher beobachteten Neuronen ergab eine Folge von Mikrowellenpulsen mit einer Länge von 250 Mikrosekunden bei einer Pulswiderholrate von 10 Pulsen pro Sekunde ( was einer absorbierten Energie von 32,9 Mikrojoule pro Gramm bei jedem einzelnen Puls entspricht ) ein gleiches PSTH wie eine Reihe von akustischen Klicks mit einer Stärke von 62 dB SPL mit einer Pulswiderholrate von ebenfalls 10 Klicks pro Sekunde. Die untere Grenze der Empfindlichkeit für Mikrowellenstrahlung lag andererseits bei weniger als 4 Mikrojoule pro Gramm je Mikrowellenpuls. Daraus folgt, dass die Empfindlichkeit des Gehörs von Katzen für gepulste Mikrowellenstrahlung empfindlicher sein kann, als man auf Grund von Untersuchungen der von den Pulsen ausgelösten Potentiale annehmen kann. (...)

Unsere Daten erlauben noch keine genaue Unterscheidung ob es sich um die Reaktion primärer oder sekundärer Neuronen des am Gehör beteiligten Systems handelt, die beide im Zentrum des eighth nerve aufgezeichnet worden sein können. Trotzdem ist es sehr bedeutend, dass wir in der Lage waren, eine akute Einwirkung von Mikrowellenstrahlung auf einzelne Zellen des Gehörs nachzuweisen. Jetzt muß eine genauere Untersuchung der akustischen Empfindlichkeit der von der Mikrowellenstrahlung beeinflussten Neuronen stattfinden um den genauen Ort und den Mechanismus der Einwirkung der Mikrowellenstrahlung festzustellen. (...)

Die zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlichste Hypothese lautet, dass der Mikrowellenpuls eine thermoakustische Welle im Kopf auslöst, die dann das Innenohr durch mechanische Weiterleitung über die Knochen erreicht. Das würde bedeuten, dass die Beeinflussung von Neuronen des Gehörs durch gepulste Mikrowellenstrahlung deren Beeinflussung durch kurze akustische Klicks, also mechanische Reize, nachahmt. Bisher haben unsere Daten ergeben, dass das Mikrowellen PSTH und das akustische PSTH jedes untersuchten Neurons sich genügend ähnlich waren um einen gemeinsamen mechanischen Zwischenschritt bei der Weiterleitung annehmen zu können. Allerdings bleibt die Möglichkeiten der direkten Beeinflussung der Basilarmembran oder der Haarzellen der Schnecke durch die Mikrowellenpulse, was durch unsere Experimente nicht ausgeschlossen werden kann.

Die Beeinflussung des Gehörs durch Mikrowellenpulse ist ein möglicherweise nützlicher Effekt dessen Wirkungsmechanismen weiterhin genau untersucht werden sollten. Wichtiger noch ist vielleicht, dass die hier vorgestellten Daten von einzelnen Neuronen schlüssig zeigen, dass bei der Bewertung der Wirkung von gepulster Mikrowellenstrahlung auf das Nervensystem eine akute, also eine von herkömmlicher gleichmäßiger thermischer Beeinflussung unabhängige Einwirkung berücksichtigt werden muß.

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